Deutsch-Österreichische Leitlinien zur antiretroviralen Therapie der HIV- Infektion

Transparenz

Die Interessenkonflikte sind im Anhang des Leitlinienreports ab S. 19 dokumentiert. Am rechten Rand der Tabelle findet sich das Ergebnis der Bewertung (gering, moderat, hoch) mit den sich daraus ergebenden Konsequenzen. Die Einstufung erfolgt als Selbstbewertung durch die Teilnehmer. Diese Praxis ist historisch diskreditiert und widerspricht den aktuellen Vorgaben der AWMF zum Umgang mit Interessenkonflikten (https://www.awmf.org/fileadmin/user_upload/Leitlinien/AWMF-Regelwerk/02_20180117_AWMF-Regel_Interessenkonflikte_V2.4.pdf). Die AWMF fordert eine Bewertung durch Dritte und die Enthaltung von Abstimmungen, wenn moderate IK vorliegen. Wie fast immer, wenn Interessenkonflikte selbst bewertet werden, erkennen die Teilnehmer - trotz zahlreicher Beratungsverhältnisse mit den Herstellern der zu bewertenden Arzneimittel - höchstens moderate Interessenkonflikte und verzichten auf Konsequenzen wie etwa Enthaltungen.

Zusammensetzung der Leitlinien-Gruppe

43 von 56 Beteiligten geben finanzielle Interessenkonflikte an, überwiegend mit den Herstellern der in dieser Leitlinie bewerteten Arzneimitteln.

Unabhängigkeit der Vorsitzenden/federführenden AutorenUnabhängigkeit der Vorsitzenden/federführenden Autoren

Auch der Koordinator gibt Beraterverträge mit und Vortragshonorare von der Arzneimittelindustrie an. Die AWMF stellt an Leitlinienverantwortliche besondere Anforderung:
"Mitwirkende mit geringen Interessenkonflikten sollten keine leitende Funktion innerhalb der Leitliniengruppe ausüben... In Fällen, in denen dies unvermeidbar ist, sollen Mitglieder ohne thematisch relevante Interessenkonflikte in Lenkungsgremien die Mehrheit darstellen und für Einzelfunktionen sichergestellt sein, dass jeweils ein Mitglied ohne thematisch relevante Interessenkonflikte als Peer bestellt wird."

Enthaltung bei Abstimmungen

Aus dem Leitlinienreport (S.11):
"Die Beteiligten wurden zusätzlich zu Beginn des Konsensustreffens ausdrücklich aufgefordert, zu
eventuellen Interessenkonflikten ggfs. zusätzlich mündlich Stellung zu nehmen. Die Bewertung, ob
angegebene potenzielle Interessenkonflikte als relevant eingestuft werden, sowie die Einteilung in
gering, moderat oder hoch erfolgte durch die Teilnehmer selbst*. Auf eine Fremdbewertung und
Konsequenz wie Stimmenthaltung wurde verzichtet - dies wird bei der Aktualisierung berücksichtigt."
Der letzte Halbsatz bleibt rätselhaft.

Externe Beratung der Leitlinie

"Diese S2K-Leitlinie stand vom 31.08.2020 für alle Vereinsmitglieder bis zur Mitgliederversammlung
am 11.09.2020 online auf der Vereinswebseite zur Einsicht und Kommentierung zur Verfügung."
Der Zeitraum zur öffentlichen Kommentierung ist ungewöhnlich kurz. Wer wurde wie auf die Möglichkeit zur Teilnahme hingewiesen. Ob Kommentare eingingen und wie damit umgegangen wurde, ist nicht dokumentiert. Ein glaubhafter Wille zur Beteiligung von Fachöffentlichkeit und Patienten ist nicht erkennbar. Mit 2 Punkten ist dieses Kriterium tendenziell zu gut bewertet.

Bonuspunkte für weitere Maßnahmen zur Reduzierung von Interessenkonflikten

- Plurale Zusammensetzung mit Beteiligung zahlreicher Fachgesellschaften und von Patientenvertretern.