Nationale VersorgungsLeitlinie (NVL) Hypertonie

Erscheinungsjahr (Stand): 2023

Klassifikation: s3

Registernummer: nvl-009

Federführende Fachgesellschaft(en):
Nationale Versorgungsleitlinien

Weitere beteiligte Fachgesellschaften und Organisationen: 22

Bewertung durch leitlinienwatch.de

09.12.24


Pkt.

Bewertungskriterium

3

Transparenz

Bestehende Interessenkonflikte sind detailliert dokumentiert, die Bewertung erfolgt durch ein unabhängiges Gremium bestehend aus Mitarbeiter*innen der "Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften" (AWMF) und des "Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin" (ÄZQ), welche die Leitlinienentwicklung methodisch begleiteten (zum Umgang mit Interessenkonflikten s. Leitlinienreport, S.15, https://www.leitlinien.de/themen/hypertonie/leitlinienreport. Unter diesem Link findet sich auch ein separates Dokument mit den deklarierten Interessenkonflikten).

1

Zusammensetzung der Leitlinien-Gruppe

Bei 16 von 38 Mitgliedern der Leitliniengruppe bestehen finanzielle Interessenkonflikte mit Bezug zum Leitlinien-Thema. Bei dieser Zählung wurden die nicht stimmberechtigten Mitarbeiter*innen der AWMF und des ÄZQ nicht einbezogen, die ebenfalls nicht stimmberechtigten "externe[n] Expert*innen – für spezifische Fragestellungen" dagegen schon, da gerade dieser Status (rares Expert*innenwissen) einen hohen Einfluss auf die jeweiligen Fragestellungen begünstigen kann.

3

Unabhängigkeit der Vorsitzenden/federführenden AutorenUnabhängigkeit der Vorsitzenden/federführenden Autoren

Die Moderation und Koordination der Leitlinienentwicklung erfolgte durch Mitarbeiter*innen der AWMF und des ÄZQ. Diese geben allesamt an, keine finanziellen Interessenkonflikte zu haben.

2

Enthaltung bei Abstimmungen

Interessenkonflikte wurden nach dem Regelwerk der AWMF bewertet, welche eine Stimmenthaltung bei Abstimmungen ab moderaten Interessenkonflikten vorsieht. Zudem wurden die Interessenkonflikte und der Umgang damit transparent dargestellt und wiederholt angesprochen: "Interessenkonflikte (IK) wurden im Rahmen der Diskussion der
Leitliniengruppe sowohl in der Auftaktsitzung als auch in der Konsensuskonferenz offen thematisiert. ... Den Teilnehmenden der Konsensuskonferenz lagen während der Konferenz Listen vor, auf denen vermerkt war, wie die Interessenkonflikte der einzelnen Teilnehmer durch AWMF und ÄZQ bewertet wurden." (Leitlinienreport S.15).
Die Enthaltungen sind dokumentiert (Leitlinienreport S. 18/19). Wir vergeben nicht die volle Punktzahl, da sog. "geringe Interessenkonflikte" nicht zur Stimmenthaltung führten.

3

Externe Beratung der Leitlinie

Der Leitlinienentwurf konnte sechs Wochen lang über eine öffentlich zugängliche Website kommentiert werden. Die eingegangenen Kommentare wurden in der Leitliniengruppe diskutiert und die jeweilige Konsequenz dokumentiert (Leitlinienreport S. 14 Abschnitt 9 und Anhang 3).

3

Bonuspunkte für weitere Maßnahmen zur Reduzierung von Interessenkonflikten

Wir vergeben drei Bonuspunkte für:
- die pluralistische Zusammensetzung der Leitliniengruppe (22 beteiligte Fachgesellschaften und Organisationen) mit Beteiligung von Patient*innen,
- die systematische Literaturrecherche
- die offene Diskussion der Interessenkonflikte in der Leitliniengruppe.


Erläuterungen zu den Bewertungskriterien

Gesamtpunktzahl

15

Gut! (11-18)

Achtung! (6-10)

Reformbedarf! (0-5)

Kommentar

Auch diese Nationale VersorgungsLeitlinie setzt Maßstäbe beim Umgang mit Interessenkonflikten. Methodisch zieht das koordinierende ÄZQ viele Register, um den Einfluss von Interessenkonflikten zu minimieren. Die NVL Hypertonie stellt auch international die mit dem gleichen Thema befasste ESC-Leitlinie ("Guidelines for the management of elevated blood pressure and hypertension") methodisch in den Schatten. Die arterielle Hypertonie hat Berührungspunkte mit nahezu jeder medizinischen Fachdisziplin. Es ist sehr erfreulich, dass die Herkulesaufgabe gelang, so viele Fachgesellschaften für die LL-Erstellung an einen Tisch zu bringen. Erst dadurch wurde es möglich, eine hochwertige Leitlinie zu verfassen, welche die komplexe Versorgungsrealität adäquat abbildet.
Kritikpunkte gibt es dennoch: Vor allem ist der Anteil der LL-Autor*innen mit finanziellen Interessenkonflikten nach wie vor hoch. Hier sollten die unabhängigen Koordinator*innen darauf hinwirken, dass von den beteiligten Fachgesellschaften nur Vertreter*innen ohne finanzielle Interessenkonflikte entsandt werden. Es sollte möglich sein, in jeder Fachgesellschaft zwei qualifizierte Personen zu benennen, auf welche dies zutrifft.
Es ist grundsätzlich sinnvoll, dass in der IK-Übersicht angegeben wird, ob Interessenkonflikte mit oder ohne Themenbezug zur Leitlinie vorliegen. Wie diese Einschätzung zustande kam, ist aber nicht transparent. So ist bspw. ein IK mit "Fa. Boehringer" als "kein Themenbezug" eingestuft, obwohl das Unternehmen auch Antihypertensiva vertreibt.
Desweiteren halten wir die AWMF-übliche Graduierung von Interessenkonflikten in geringe, moderate und hohe IK für ungeeignet. Es ist ausreichend belegt, dass auch sog. "geringe Interessenkonflikte" durch das Prinzip der Gegenseitigkeit (Reziprozität) das Risiko einer unangemessenen Beeinflussung mit sich bringen und dass dieses Risiko nicht erst ab einer fixen Schwelle auftritt. Der Rückzug von diesen "geringen Interessenkonflikten" sollte niemandem schwerfallen.

Hinweis: Die Bewertung wurde sorgfältig auf der Grundlage der publizierten Leitlinie vorgenommen. Wenn Sie einen Fehler bemerken, können Sie uns unter info@leitlinienwatch.de kontaktieren.