Diagnose und Therapie der Multiplen Sklerose, Neuromyelitis-optica-spectrum-Erkrankungen und MOG-IgG-assoziierten Erkrankungen

Erscheinungsjahr (Stand): 2021

Klassifikation: s2k

Registernummer: 030-050

Federführende Fachgesellschaft(en):
Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN)

Weitere beteiligte Fachgesellschaften und Organisationen: 11

Bewertung durch leitlinienwatch.de

21.01.24


Pkt.

Bewertungskriterium

3

Transparenz

Es existiert eine detaillierte Auflistung der Interessenskonflikte aller Autor*innen (LL-Report ab S.18) Eine Gewichtung nach leicht, moderat und schwer wurde durch zwei anonyme Interessenkonfliktbeauftragte der Deutschen Gesellschaft für Neurologie vorgenommen. Die Namen der Firmen, deren Produkte einen Bezug zur Leitlinie haben, werden explizit genannt. Das ist beispielhaft und erhöht die Transparenz der Leitlinie (LL-Report S.16-17).

0

Zusammensetzung der Leitlinien-Gruppe

19 von 25 Beteiligte geben Interessenkonflikte mit thematisch bezogenen Firmen an. Der Leitlinienreport gibt an, dass die 50% Regel der DGN eingehalten wurde, nach der mindestens 50% der Beteiligten keine oder nur geringe Interessenkonflikte haben dürfen. Leitlinienwatch schließt jedoch, anders als diese LL-Gruppe, auch die geringen Interessenkonflikte in die Bewertung ein. Zudem ist fraglich, ob Vortragshonorare pauschal als geringe IK zu werten sind, da ein einzelnes Honorar anders zu gewichten ist als eine regelmäßige Vortragstätigkeit für eine Firma.

0

Unabhängigkeit der Vorsitzenden/federführenden AutorenUnabhängigkeit der Vorsitzenden/federführenden Autoren

Ein Autor wird im Leitlinienreport als federführend ausgewiesen und gibt Interessenkonflikte an.

2

Enthaltung bei Abstimmungen

Autoren mit mindestens moderaten IK mussten sich bei Abstimmungen enthalten (LL-Report S. 17), dies sei häufig praktiziert worden, eine Dokumentation der Enthaltungen aufgrund von IK fehlt jedoch. Zudem führten geringe IK (Vortragstätigkeit) nicht zu Enthaltungen. Weiter heißt es: "Zu Beginn jeder Konsensuskonferenz erhielten alle Anwesenden die aktualisierte Übersicht der erforderlichen Stimmenthaltungen aufgrund vorhandener Interessenkonflikte." Hier wird zumindest eine konsequente Anstrengung zur Durchsetzung der vereinbarten Enthaltungsregel sichtbar (LL-Report S. 12).

2

Externe Beratung der Leitlinie

Eine Konsultationsfassung war für einen Zeitraum von 3 Wochen öffentlich zugänglich (LL-Report S.14-15). Kommentare konnten anonym in ein Formular eingetragen werden. Die Kommentare wurden anschließend in einer Videokonferenz der Leitliniengruppe diskutiert und in einer Delphi-Konferenz abschließend konsentiert. Die daraus resultierenden Änderungen werden im LL-Report nur pauschal genannt (S.15). Es ist nicht ersichtlich, welche Änderungsvorschläge im Einzelnen von der Leitliniengruppe übernommen wurden und warum..

3

Bonuspunkte für weitere Maßnahmen zur Reduzierung von Interessenkonflikten

Positiv hervorzuheben ist die plurale Zusammensetzung der Leitliniengruppe sowie die Verwendung von Quellleitlinien. Einen weiteren Bonuspunkt vergeben wir für das anonyme IK-Bewertungsgremium der DGN und die Liste mit den Enthaltungsvorschlägen bei jeder Konsensuskonferenz, die an alle Teilnehmer ausgegeben wurde und damit eine interne Kontrolle des regelkonformen Verhaltens ermöglichte.


Erläuterungen zu den Bewertungskriterien

Gesamtpunktzahl

10

Gut! (11-18)

Achtung! (6-10)

Reformbedarf! (0-5)

Kommentar

Diese klinisch relevante Leitlinie erfordert im Umgang mit Interessenkonflikten eine besondere Sensibilität, da es um teure Medikamente mit Jahrestherapiekosten um 20.000 € geht. Das Management der IK ist hier in vieler Hinsicht gelungen (anonyme Bewertung der IK, Benennung der relevanten Firmenbeziehungen, Enthaltungslisten bei allen Konsensuskonferenzen, öffentlicher Review der Konsultationsfassung). Der Fortschritt gegenüber der früheren Fassung der Leitlinie, die nur 2 Punkte bei Leitlinienwatch erhielt, ist augenfällig. Das Risiko der inhaltlichen Beeinflussung der LL durch IK kann jedoch weiter reduziert werden. Wie kommt es, dass im hochpreisigen Therapieumfeld der MS jeder Experte finanzielle Beziehungen zur Industrie zu haben scheint? Hier wird eine systematische Anstrengung der Arzneimittelhersteller deutlich, die geeignet ist, die professionelle Autonomie der Neurologie zu untergraben. Das amerikanische Institute of Medicine hat in seinem Dokument "Clinical practice guidelines we can trust" schon 2012 allen Leitlinienautoren geraten, ihre finanziellen Verbindungen zur Industrie zu lösen ("Divestment"). Notwendige Forschungskooperationen können auch auf institutioneller Basis ohne persönliche Honorare organisiert werden. Unabhängige Ärztinnen und Ärzte können langfristig für die Leitlinienarbeit rekrutiert und qualifiziert werden. In späteren Überarbeitungen der Leitlinie sollten die tatsächlichen Enthaltungen aufgrund von IK (zumindest deren Anzahl bei den einzelnen Abstimmungen) dokumentiert werden, ebenso der inhaltliche Umgang mit den eingegangenen Kommentare im Rahmen des öffentlichen Reviews.





Hinweis: Die Bewertung wurde sorgfältig auf der Grundlage der publizierten Leitlinie vorgenommen. Wenn Sie einen Fehler bemerken, können Sie uns unter info@leitlinienwatch.de kontaktieren.